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  • AutorenbildKirsten Petzold

»Bereits vor einer Krise sollte man sich Gedanken über die wichtigsten Fragen gemacht haben«

Die proaktive Vorbereitung auf eine mögliche Krise rutscht im Alltag von Kommunikationsabteilungen oft etwas nach hinten. Unsere Expertin Franziska Bücker erklärt, warum es sich lohnt, gut vorbereitet zu sein.



Manchmal kann es schnell gehen: Ein Hackerangriff, ein Unfall in der Produktion, ein Fehler des Managements – und schon gerät das Unternehmen in eine Krise. Wer dann erst hektisch Prozesse definiert und Textbausteine abstimmen muss, verliert Zeit. Und Zeit ist in der Krisenkommunikation ein wertvolles Gut. Eine professionelle Vorbereitung auf mögliche Krisensituationen zahlt sich also aus. Im Interview mit unserer Head of PR und Krisenkommunikationsexpertin Franziska Bücker sprechen wir darüber, was in ein Krisenkommunikationshandbuch gehört, wie sich Krisen erfolgreich überwinden lassen – und wie die Zusammenarbeit zwischen OK und unseren Kund:innen im Krisenfall konkret abläuft.

 

OK: Liebe Franziska, lass uns zu Beginn erst einmal die Basics klären: Was meinen wir eigentlich konkret, wenn wir von einer Krise sprechen? Und welche Arten von Krisen unterscheidet man?

 

Franziska Bücker: Es gibt zwei Faktoren, die zusammenkommen müssen, damit wir von einer Krise im kommunikativen Sinn sprechen. Es muss ein Thema sein, an dem die Öffentlichkeit Interesse zeigt, und es muss ein Risiko bestehen, dass die Reputation des Unternehmens gefährdet ist und ein nachhaltiger negativer Einfluss auf das Image entstehen kann.

 

Was die Arten von Krisen angeht, unterscheide ich Krisen, die im Unternehmen selbst entstehen, und solche, die von außen auf das Unternehmen einwirken. Krisen, die im Unternehmen entstehen, können etwa Produktmängel oder Managementfehler sein; eine von außen einwirkende Krise wäre etwa eine Naturkatastrophe, die das Unternehmen nicht selbst verursacht hat, von der es aber direkt betroffen ist. Ein anderes Beispiel dafür wäre auch ein Hackerangriff oder eine Cyberattacke. Zu all diesen Arten von Krisen müssen sich Unternehmen natürlich sowohl intern als auch extern positionieren.

 

OK: Gibt es Krisenszenarien, in die Unternehmen heute besonders häufig geraten können, oder ist das je nach Branche sehr unterschiedlich?

 

Franziska Bücker: Cyberattacken sind ein sehr aktuelles Thema, bei dem die Häufigkeit deutlich zugenommen hat. Immer öfter sind auch kleine und mittlere Unternehmen und vor allem auch Institutionen, die mit sehr sensiblen Daten arbeiten – etwa Krankenhäuser oder Ärztinnen und Ärzte – davon betroffen. Diese Fälle sind oft besonders schwerwiegend und erfordern es, dass die Datenschutzbeauftragten der jeweiligen Länder sowie die Polizei involviert werden. Die Reputation eines Unternehmens hängt stark vom Umgang mit sensiblen Daten ab. Daher sollten auch kleinste Vorfälle in diesem Bereich sehr ernst genommen werden.

 

Neben dieser klassischen Krisenkommunikation beschäftigen wir uns aber auch viel mit der sogenannten Akzeptanzkommunikation, die man proaktiv betreibt, bevor eine potenzielle Krise eskaliert. Ein Beispiel dafür sind Bauprojekte, bei denen man schon vorab mit allen Stakeholdern, die davon betroffen sind, in den Dialog tritt, um Bedenken auszuräumen und ihnen das Gefühl zu geben, in Entscheidungsprozesse eingebunden zu sein. Ich denke da aber auch an Industrieunternehmen, die in der Nähe von Wohngebieten produzieren und wo wir schauen, dass wir die Anforderungen der industriellen Produktion mit den Bedürfnissen der Menschen vor Ort in Einklang bringen.  

 

OK: Warum ist es so wichtig, dass sich Unternehmen proaktiv auf mögliche Krisen vorbereiten – und welche Strategien und Maßnahmen empfiehlst du?

 

Franziska Bücker: Man sollte sich vor einer möglichen Krise auf jeden Fall Gedanken über einige wichtige Fragen gemacht haben. Wie komme ich selbst schnell an Informationen? Wen muss ich informieren? Wer hat die Entscheidungsgewalt über kommunikative Themen? Wer monitort die Medien, wer kümmert sich um die internen und wer um die externen Stakeholder? Wer trifft Entscheidungen, welche Botschaften nach außen getragen werden? Wer tritt vor die Presse? All das möchte man nicht im Moment der Krise entscheiden. Eine Meldekette, eine Checkliste, was zu tun ist, und ein Frage- und Antwort-Katalog sollten also im besten Fall schon fertig vorbereitet in der Schublade liegen.

 

Ein aus kommunikativer Sicht vorbildliches Beispiel für Krisenkommunikation war für mich der furchtbare, vom Piloten herbeigeführte Absturz der Germanwings-Maschine im Jahr 2015. Die erste Phase der Kommunikation hat damals hervorragend funktioniert. Die Fluggesellschaft hatte sofort eine Landingpage mit einem Kontakt sowie eine Hotline für Angehörige eingerichtet. Sie waren vorbereitet, um auf die Presse zuzugehen. Sie hatten die richtigen Botschaften am Start und haben die Leute live mit Informationen versorgt. So etwas ist nur möglich, wenn man sich gut vorbereitet und den Ernstfall geübt hat. Leider ist das in vielen Unternehmen jedoch etwas, das im Alltag nach hinten rutscht. Wenn interne Abstimmungen nicht reibungslos funktionieren, können Krisen aber auch leicht größer werden, als sie sein müssten.

 

OK: Welche Rolle spielt Social Media in der Krisenkommunikation?

 

Franziska Bücker: Die immer stärkere Nutzung von Social Media hat unsere Kommunikationswelt komplett verändert. Die Geschwindigkeit, mit der Informationen geteilt werden, hat dadurch enorm zugenommen. Für die Polizei und die Feuerwehr ist es ja mittlerweile ganz normal, via Social Media über Einsätze zu informieren, Verkehrsunternehmen kommunizieren darüber Störungen etc. Man muss natürlich bedenken, dass auf Social Media auch Journalist:innen und andere Stakeholder unterwegs sind und dass sich Informationen so viel schneller verbreiten. Es gilt also, klug zu schauen, welche Botschaften man dort platziert, und die Kanäle kontinuierlich zu monitoren.

 

Wenn es dann doch einmal negative Reaktionen via Social Media gibt, ist es wichtig, dass man jemanden hat, der diese valide beurteilen kann, denn natürlich ist nicht jeder kritische Kommentar gleich ein Shitstorm. Hier hilft es, sich nicht persönlich angegriffen zu fühlen, sondern sachlich zu analysieren: Von wem kommt dieser Kommentar? Muss ich darauf reagieren, und wenn ja, in welcher Form? Für dieses Community Management braucht es viel Fingerspitzengefühl und es kann helfen, Expert:innen an seiner Seite zu haben. Aber Social Media bietet in der Krise natürlich auch Chancen. Man kann darüber seine Zielgruppen sehr passgenau und schnell erreichen und dort auch Geschichten platzieren, die das Image eines Unternehmens wieder positiv aufladen. Über den direkten Austausch kann ein Gefühl von Nähe und Verbundenheit entstehen.

 

OK: Du bist als Kommunikationsexpertin schon häufiger in Krisensituationen involviert gewesen. Kannst du dich an eine Krisenkommunikation erinnern, die du im Nachhinein als besonders erfolgreich bezeichnen würdest – und was hat sie so erfolgreich gemacht?

 

Franziska Bücker: Ich erinnere mich zum Beispiel daran, dass es einmal einen kleineren Unfall auf dem Betriebsgelände eines Produktionsbetriebs auf dem Land gab. Bei Reinigungsarbeiten war eine kleinere Menge Öl ausgetreten. Es bestand die Gefahr, dass das Öl in einen Fluss laufen könnte, der direkt am Betriebsgelände verläuft, was dann natürlich in Hinblick auf mögliche Umweltauswirkungen ein schwieriges Thema gewesen wäre. Der Betreiber hat sehr klug reagiert und hat zum einen die Feuerwehr involviert und zum anderen uns direkt angerufen. Wir sind hingefahren, haben uns vor Ort ein Bild von der Situation gemacht und die Kommunikation vorbereitet. Da die Feuerwehr die Lage recht schnell in den Griff bekommen hat, haben wir entschieden, dass wir nicht proaktiv auf die Presse zugehen. Für den Fall der Fälle haben wir jedoch bereits ein Pressestatement, eine Kommunikation für die Website sowie für die Mitarbeiter:innen und Kund:innen in der Schublade gehabt. Das war eine recht kleine Krise, die wir mit Agilität und ordentlicher Vorbereitung gut überwunden haben.

 

Ich habe außerdem noch ein Beispiel für das vorhin schon erwähnte Feld der Akzeptanzkommunikation. Wir sind an Bord gekommen, weil sich in einem Wohngebiet, das direkt an das Produktionsgelände eines Industrieunternehmens angrenzt, eine Bürgerinitiative gegründet hat. Diese hat dem Unternehmen vorgeworfen, viel mehr Emissionen auszustoßen, als es nach außen kommuniziert, und so die Umwelt zu verschmutzen und die Menschen, die dort leben, zu gefährden. Wir haben dann über viele Jahre hinweg gemeinsam mit dem Unternehmen daran gearbeitet, zum einen die internen Prozesse zu optimieren, zum anderen aber auch durch Formate wie Round Tables, Bürgerdialoge, Nachbarschaftszeitungen und Hotlines Kontaktpunkte zu schaffen, bei denen die Bürger:innen ihre Sorgen loswerden können. Durch diese Aufklärungsarbeit haben wir es geschafft, das Nebeneinanderwohnen und -arbeiten so angenehm wie möglich zu machen. Das Verhältnis zwischen den Bürger:innen und dem Unternehmen ist inzwischen sehr konstruktiv. Außerdem haben wir es geschafft, mittlerweile ein sehr gutes Verhältnis zur Presse aufzubauen. Wir erhalten oft Medienanfragen, für die sich Vertreter:innen des Unternehmens als Expert:innen äußern sollen. An diesen Punkt zu kommen, hat aber natürlich relativ lange gedauert – denn Public Relations ist Beziehungsarbeit und damit ein Marathon und kein Sprint.

 

OK: Mal angenommen, ich bin in einem Unternehmen tätig, das sich proaktiv auf mögliche Krisen vorbereiten möchte – ich bin mir aber nicht sicher, was genau zu tun ist, und gehe deshalb auf dich und deine Kolleg:innen bei OK zu. Wie läuft dann der Prozess der Zusammenarbeit zwischen OK und mir als Kund:in ab?

 

Franziska Bücker: Wenn wir eine solche Anfrage bekommen, setzen wir uns natürlich erst einmal mit den Kund:innen zusammen und analysieren, welche Risikofaktoren es in diesem individuellen Fall gibt und welche davon besonders bedeutsam sind. Daraus entstehen oft schon spannende Gespräche, denn manche Unternehmer:innen haben sich darüber tatsächlich noch nie Gedanken gemacht. Nachdem wir die Risikopotenziale identifiziert haben, gehen wir anschließend in die Erstellung eines Krisenkommunikationshandbuchs und schauen: Was brauchen wir? Was können wir vorbereiten? Konkrete Krisenszenarien lassen sich dann auch gut üben. Wir können zum Beispiel Sprecher:innen für Gespräche mit Medienvertreter:innen schulen, denn diese gehören für viele nicht unbedingt zum Alltag.

 

OK: Eine solche Vorbereitung ist natürlich sehr vorbildlich. Nun stell‘ dir mal vor, dass ich bei einem Unternehmen arbeite, dass sich bisher nicht so proaktiv vorbereitet hat und unvermittelt in eine Krise gerät. Wie sehen denn die nächsten Schritte aus, wenn ich in einer solch akuten Situation auf die Unterstützung von OK zurückgreifen möchte?

 

Franziska Bücker: In solchen Krisenfällen sind wir natürlich jederzeit für das Unternehmen erreichbar – wirklich 24/7, denn eine Krise hält sich nicht an Wochenenden und Feiertage. Wir analysieren dann zunächst die Situation und benötigen dafür wirklich alle Informationen, die wir bekommen können: Wie kam es dazu? Wie ist der Status quo? Welche Pläne gibt es? Sobald wir einen Überblick haben, arbeiten wir eine Kommunikationsstrategie aus und legen fest, wie wir auf die Presse zugehen, wem gegenüber wir wann was kommunizieren, wie wir intern mit den Mitarbeiter:innen umgehen – und sind dann eben wie schon erwähnt im Bedarfsfall rund um die Uhr zur Stelle.

 

OK: Wie geht es weiter, wenn die akute Krise überstanden ist? Welche Strategien und Maßnahmen sind für die Zeit danach erfolgversprechend?

 

Franziska Bücker: Wir unterstützen auch sehr gern beim Weg aus der Krise, etwa beim Thema Storytelling. Gemeinsam mit dem Unternehmen identifizieren wir positive Geschichten, die es wert sind, erzählt zu werden. So lässt sich mittel- und langfristig das Image des Unternehmens wieder positiv aufladen. Wichtig dabei ist Transparenz. Es sollte ein ehrlicher Umgang mit den vorausgegangenen Problemen bestehen und nicht versucht werden, etwas schönzureden. Mit Selbstreflexion und einer spürbaren Veränderung des eigenen Verhaltens kann man gegenüber Journalist:innen und der Öffentlichkeit punkten. Ein genereller Tipp, um Krisen möglichst gut zu überstehen, ist es, bereits vorab ein gutes Verhältnis insbesondere zu regionalen Medienvertreter:innen aufzubauen – dann ist im Ernstfall vieles leichter zu händeln.

 

OK: Vielen Dank für das spannende Gespräch! Wir hoffen, dass es vielen Leser:innen hilft, sich gut auf potenzielle Krisensituationen vorzubereiten.

 

Ihr wünscht euch Unterstützung in der proaktiven Vorbereitung eurer Krisenkommunikation? Etwas ist vorgefallen und ihr benötigt ganz akut kommunikative Hilfe? Meldet euch gern direkt per E-Mail oder über LinkedIn bei unserer Krisenkommunikationsexpertin Franziska Bücker.

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